SummerSchool 2022 – Aquaponik

Unterricht mit System

Hinführung
Ich möchte Sie mitnehmen auf eine kleine Traumreise. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen an einem gedeckten Esstisch. Auf dem Tisch steht eine große Schüssel Feldsalat, auf Ihrem Teller liegt ein Stück Fisch. Was sich für Sie nach einem Traum anhört, ist unter Nachhaltigkeitsaspekten ein wahr gewordener Albtraum. Nicht erst seit gestern quält uns alle die Frage: Wie können wir unsere Wünsche und Bedürfnisse erfüllen und trotzdem ein nachhaltiges Leben führen. Der Weg hin zu einem nachhaltigen Leben kann nur mit genügend Informationen, Problembewusstsein und einem ausreichenden Maß an Bereitschaft zum Wandel beschritten werden. Und hier setzt Bildung für Nachhaltige Entwicklung an.
Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist ein wichtiger Faktor im Unterricht. Doch was bedeutet Nachhaltigkeit für unser Leben? Warum ist Bildung im Bereich der Nachhaltigkeit wichtig? Und wie kann man den Schülerinnen und Schülern diese Bedeutung verdeutlichen und mit positiven Erfahrungen verbinden? Wir hatten im Rahmen der Summer School der Universität Ulm und der PH Schwäbisch Gmünd viel Freude beim Ausarbeiten eines Entwurfs für eine projektbasierte Unterrichtseinheit, die einige der aufgeworfenen Fragen beantwortet.
Dazu haben wir uns ins Thema Aquaponik eingearbeitet und ein Aquaponik-System zum Nachbauen für Schülerinnen und Schüler entwickelt. Unter dem Begriff Aquaponik versteht man das Ausnutzen einer Synergie im Wasserkreislauf zwischen Pflanzen und Fischen. Der Begriff setzt sich dabei aus den zwei Wörtern Aquakultur und Hydroponik zusammen. Eine Aquakultur ist eine Aufzucht von im Wasser lebenden Organismen, wie Algen, Krebse, Muscheln und Fischen. Hydroponik bezeichnet die Pflanzenaufzucht in Wasser. Das Wasser wird dazu meist mit Nährstoffen angereichert und zur Bewässerung beim Anbau von Pflanzen verwendet. Dazu zählen beispielsweise. Gemüse, Früchte und auch Kräuter. (1)

Didaktische Ausarbeitung

Für den Unterricht ist das Thema besonders geeignet, weil Lehrkräfte durch Aquaponik viele Probleme im Bereich der Nachhaltigkeit ansprechen und in Teilen Lösungen für Probleme anbieten können. Der eingangs erwähnte Fisch ist dabei ein besonders gutes Beispiel. Die Überfischung der Weltmeere ist gemeinsam mit der stetig steigenden Weltbevölkerung eines der größten Probleme im Bereich der Nahrungsmittelversorgung. (2) (3)Dies kann zur Motivation des Themas Aquaponik genutzt werden und zu einem Problembewusstsein bei Schülerinnen und Schülern führen. Weitere Probleme, die durch das Thema Aquaponik thematisiert werden können, sind die Folgen der stetig steigenden Weltbevölkerung. Diese führt unter anderem dazu, dass immer mehr Nahrungsmittel benötigt werden. Die Erdoberfläche ist aber begrenzt und nimmt durch steigende Meeresspiegel aufgrund des Klimawandels langsam, aber stetig ab. (4) Es ist daher nötig die vorhandenen Flächen sinnvoll zu nutzen. Dies kann beispielsweise durch ein Aquaponik-System in Gärten oder bei Schülern und Schülerinnen zuhause umgesetzt werden.
Die von uns ausgearbeitete Handreichung für Lehrkräfte enthält viele weitere Vorschläge für Anknüpfungspunkte dieser Art. Sie ist als Unterrichtsentwurf einer projektbasierten Unterrichtseinheit geplant, kann aber leicht abgewandelt z.B. auch als Projektwoche umgesetzt werden. Neben klar formulierten Lernzielen beinhaltet der Unterrichtsentwurf allgemeine Hinweise zur Umsetzung mit Schülerinnen und Schülern. Die Handreichung wurde außerdem mit Arbeitsblättern angereichert, sodass sich die Lehrkräfte schon an fertigem Material bedienen können.

Den Kern der Handreichung bildet eine Bauanleitung für ein kleines Aquaponik-System in Klassenzimmergröße, das im folgenden Abschnitt vorgestellt wird. In der Handreichung für Lehrkräfte wird genau beschrieben, wie man dieses System mit Schülerinnen und Schülern bauen kann und dabei verschiedene Lernziele erreicht. Von der Erstellung eines Projektplans, über Materiallisten bis hin zu handwerklichen Fähigkeiten lernen Schülerinnen und Schüler alles, was es braucht, um ein Technikprojekt umzusetzen.

Aquaponik-System
Das von uns entwickelte Aquaponik-System wurde maßgeblich durch den Youtuber „Lucas macht den Fisch“ inspiriert. (5) Eine ClipArt-Zeichnung ist in Abbildung 1 zu sehen.

Das Fischbecken sowie der Behälter zum Anpflanzen des Feldsalats bestehen jeweils aus einer IKEA-Box. Die Halterung im oberen Teil haben wir aus Holzresten gefertigt. Das Wasser wird über eine kleine Tischbrunnenpumpe sehr energieeffizient nach oben gepumpt und kann über ein Siphon abfließen. Ein Siphon ist ein Bauteil, welches durch Unterdruck fast das gesamte Wasser bis weit unter den eigentlichen Überlauf abfließen lässt. In unserem Fall sorgt es dafür, dass sich das Anpflanzbecken langsam, aber stetig entleert, bis nicht mehr genügend Wasser da ist und der Wasserstrom im Siphon abreist. Anschließend fließt kein Wasser mehr ab. Die Pumpe lässt dennoch weiteres Wasser zufließen und der Wasserstand steigt wieder an. Das passiert so lange bis das Siphon wieder auslöst und das Wasser abfließen kann. Der Siphon funktioniert auf Grundlage physikalischer Phänomene und benötigt deshalb keine elektrische Energiezufuhr. Es kann ebenfalls selbst aus verschiedenen Rohrstücken sowie einem Rohrendstück und einem Durchlauf gebaut werden. Ein vollständiger Überblick über alle verwendeten Materialien ist in Abbildung 2 zu sehen. Alle Materialien sind leicht in Baumärkten oder bei IKEA zu erhalten.

Wir hatten während der Summer School sehr viel Spaß beim Bau und der Ausarbeitung und hoffen, dass weitere Lehrkräfte die Idee eines Aquaponik-Systems in ihrem Unterricht aufgreifen. Schülerinnen und Schüler können durch den Bau des Systems das Thema Nachhaltigkeit anhand einer positiven Projektarbeit erleben und dabei ohne negative Stimmung ein Problembewusstsein in diesem Bereich entwickeln.
Ich lasse Sie nun weiter träumen von einer Zukunft mit mehr Aquaponik und einem gedeckten Tisch, ganz ohne schlechtes Gewissen in Bezug auf Nachhaltigkeitsaspekte.

Die Materialien sowie eine Handreichung stehen über das ZOERR als OER hier zum Download bereit.

Franziska Ade, Sabine Rieger, Ruth Fähnle und Matthias Ruf

Literaturverzeichnis